Psyche - Psychische Gesundheit

Was sind „Geist“ und „Seele“?

Die Vorstellung einer Zweiteilung des Menschen in Körper und Geist hat eine lange Tradition. Die Fähigkeit zur Selbstreflexion, zur Wahrnehmung unserer selbst, zur Beobachtung sogar unseres eigenen Denkverlaufs, legt bis heute irgendwie nahe, dass diese Leistung unmöglich verloren werden kann und auch ohne Körper funktioniert. Diese Selbstwahrnehmungsfähigkeit scheint sich über den Körper zu erheben, ihn zu überflügeln und ihn sogar hinter sich lassen zu können. Die alten Griechen sahen sich in dieser Meinung dadurch bestärkt, dass sie den Bedürfnissen ihres Körpers nicht folgten (Askese) und damit die Überlegenheit ihres „Geistes” bewiesen. Diese griechische Denktradition lebt bis heute fort, und Menschen meinen bis heute, dass dieses denkende und unabhängig scheinende Ich eine eigene Wesenheit ist. Tatsächlich handelt es sich dabei jedoch nur um unsere Fähigkeit des Bewusstseins unserer selbst. Diese ist beschreibbar, und auch die Entstehung dieser Leistung kann erklärt werden (siehe unter „Bewusstsein und Freiheit“). Wenn vom „Geist” und geistigen Prozessen die Rede ist, so sind damit also im Grunde lediglich gedankliche Prozesse und unsere Denkfähigkeit gemeint.

Wenn von der „Seele” und seelischen Vorgängen gesprochen wird, so sind damit eher körperliche Prozesse, und  damit tatsächlich spürbares, gemeint. In den alten Vorstellungen vom Menschen bildet die Seele das Bindeglied zwischen Körper und Geist und hat Anteil an beidem. In einer konkreten Sicht des Menschen ist für solcherlei unklare Begriffe genauso wenig Platz wie für die falschen Vorstellungen, die sich mit ihnen verbinden. Der Mensch ist ein fühlendes und ein denkendes Wesen, und Denken und Fühlen durchdringen einander auf beschreibbare Weise. Wenn in psychosomatischen Kliniken gerne davon die Rede ist, dass die Seele krank sei, so ist damit gemeint, dass Menschen Probleme im Umgang mit ihren Emotionen haben. Die Emotionen haben ein körperliches Erscheinungsbild, und somit sind Angst, Traurigkeit, Wut und Freude konkret spürbar. „Seelischer Schmerz” ist übersetzt in psychologische Begriffe emotionales Empfinden. Traurigkeit ist mitnichten ein „Schmerz”, sondern ein Gefühl der Schwere. Die Ungenauigkeit von Begriffen und der durch sie transportierten Vorstellungen legen falsche Schlussfolgerungen nahe, durch die im schlimmsten Fall Menschen als krank angesehen werden, obwohl es lediglich um eine Entwicklung und eine Aussöhnung mit ihren eigenen Emotionen von Angst, Wut und Traurigkeit ginge.

An die Stelle der Begriffe Geist und Seele treten also die konkreteren Beschreibungen vom Denken und vom Fühlen, von der Wahrnehmung und vom Bewusstsein.